Ahaus (drk-press). Tatjana Stroh (41) ist verheiratet, Mutter von drei Kindern, managt jeden Arbeitstag quasi ein Kleinunternehmen mit 15 Beschäftigten und tut dies gerne: Die Ahauserin ist Leiterin der Ambulanten Pflegeberatung des Roten Kreuzes im Kreis Borken in Ahaus an der Parallelstraße 12 a. „Der Beruf macht mir richtig Spaß“, sagt sie.
Die Branche durchlebt schwere Zeiten, nicht nur wegen der Corona-Pandemie. Die Demografie fordert seit Jahren ihren Tribut. Die Menschen werden älter und müssen häufiger betreut werden. Trotz großer Bemühungen wächst damit einhergehend nicht die Gruppe der Pflegefachkräfte. Am Mittwoch, 12. Mai ist internationaler Tag der Pflege – durchaus ein Tag des Innehaltens, meint Susanne Biallas, beim Roten Kreuz Bereichsleitung Pflege. „Anlässlich dieses Datums möchten wir ein positives Zeichen setzen und dennoch zeigen, dass es auch viele positive Beispiele bei uns in der Pflege gibt.“
Willenskraft und Engagement
Eines davon ist Tatjana Stroh. Sie fing 2011 als Hauwirtschaftskraft beim Roten Kreuz an, wurde später Betreuungskraft und hat sich zur Pflegedienstleiterin in Ahaus mit Willenskraft und Engagement hochgearbeitet. „Das ist eine Superleistung, nicht hoch genug zu bewerten“, sagt Susanne Biallas. „Und es ist ein gutes Beispiel, das deutlich macht: Bei uns kann man was werden.“ Die Ahauserin absolvierte ab 2013 beim Caritas-Bildungszentrum für Pflege und Gesundheit in Ahaus-Wessum ihre Ausbildung zur staatlich-geförderten Pflegefachkraft, machte während er Ausbildung Praktika in Rotkreuz-Einrichtungen in Ahaus, Vreden, Südlohn und Gronau. Ab dem Vorjahr folgte die Weiterbildung zur Pflegedienstleiterin in Essen, wegen Corona online. „Das war nicht ohne“, sagt sie, die Anforderung hoch. Fächer wie Recht, Steuern, Wirtschaft, Politik, Personalmanagement und Arbeitsorganisation standen auf dem Stundenplan. Als Praktikumsarbeit wählte Tatjana Stroh „Digitalisierung in der Pflege“, die sie eh in Ahaus in den Jahren zuvor weit vorangebracht hatte. „Sie läuft bei uns mit eigner App und stellt in unserer täglichen Arbeit eine große Erleichterung dar.“ Das erkannten auch die Prüfer in Essen und bescheinigten ein tadelloses Prüfungszeugnis.
„Pflege ist Überzeugungsarbeit“
Die 41-Jährige ist mit ihrem Team auch unterwegs in Ahaus und Vreden – zu neuen Patientinnen und Patienten, wenn zum Beispiel Angehörige um Rat fragen: „Pflege ist Überzeugungsarbeit.“ Meist müssen Fragen zur Pflegeversicherung geklärt werden, zum Pflegegrad, zur Betreuung. Tatjana Stroh: „Bei uns steht immer im Vordergrund, ambulant vor stationär. Die Menschen sollen so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben. Und das wollen die meisten auch.“ Die jüngste Klientin ist erst gut 30 Jahre, die älteste 93 – „die ältere Dame fühlt sich froh und ist glücklich, weiter in ihren eigenen vier Wänden leben zu können“.
Zwei Mitarbeiterinnen verließen jüngst das Team, aber nicht den Pflegeberuf, aus persönlichen Gründen; eine verzog nach Süddeutschland. Gleichwohl ist es weiter „enorm schwer, engagierte Menschen zu bekommen“, erklärt Geschäftsbereichsleiterin Susanne Biallas: „Wir bieten alle Möglichkeiten, auch als Frau in Führungspositionen zu wechseln.“
Seit 2015 bildet das Rote Kreuz in Bocholt im Europahaus selber aus – im Bildungsinstitut für Gesundheitsberufe im Kreis Borken. Jeweils zum 1. Oktober beginnen die dreijährigen Ausbildungsabschnitte zur examinierten Pflegefachkraft. Susanne Biallas: „Die Kurse sind immer voll. Und das Interesse ist groß – vielleicht auch, weil wir ein großes Spektrum der Weiterbildung anbieten, das auch ein späteres Studium nicht ausschließen. Alles ist möglich.“
Hintergrund zum Internationaler Tag der Pflege am 12. Mai
Der Internationale Tag der Pflege wird jährlich am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpflegerin und Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale. Laut Pflegebedarfsplan des Kreises Borken gibt es mittelfristig, das heißt bis 2028, einen Bedarf von zusätzlich 359 Plätzen in vollstationären Einrichtungen oder ambulanten Wohngemeinschaften im Kreis Borken. Bis zum Jahr 2035 werden laut Einschätzung der Experten voraussichtlich 690 zusätzliche Pflegeplätze benötigt.